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Keine Anfechtungsbefugnis für ausgeschiedenen Wohnungseigentümer

Das Amtsgericht Aachen hat mit Urteil vom 1.4.2020 zum Aktenzeichen 118 C 29/19 entschieden, dass ein ausgeschiedener Wohnungseigentümer einen späteren Beschluss über eine Jahresabrechnung der Wohnungseigentümer nicht anfechten kann. Dies gilt auch dann, wenn die Jahresabrechnung sich zu einem Zeitraum verhält in dem der ausgeschiedene Wohnungseigentümer noch nicht aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden war. 

Das Gericht ist damit dem Klageabweisungsantrag der übrigen Wohnungseigentümer, die von Fachanwalt für das Wohnungseigentumsrecht  Michael Janßen vertreten wurden, gefolgt.

Im Einzelnen hat das Gericht seine Entscheidung unter anderem wie folgt begründet:

„Die Klage ist mangels Anfechtungsbefugnis des Klägers nicht begründet.

Dem Kläger fehlt es an der Anfechtungsbefugnis und damit an der Aktivlegitimation für die vorliegende Klage.

Die angefochtenen Beschlüsse wurden nach seinem Eigentumsverlust am … gefasst und binden den Kläger daher nicht. Deshalb ist er von diesen nicht betroffen (etwa Hügel/Elzer 2. Aufl. 2018 § 46 Rn. 44 oder Staudinger-Lehmann-Richter Stand 25.7.2018 § 46 Rn. 94).

Daran ändert auch die von dem Kläger zitierte Entscheidung BGH NJW 2002, 3709 ff. nichts. Diese betrifft nicht die Anfechtungsbefugnis eines zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits ausgeschiedenen Wohnungseigentümers sondern die Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit des Prozessgerichts und des Wohnungseigentumsgerichts nach altem Recht. Der BGH bestätigt vielmehr in dieser Entscheidung nur, dass ein ehemaliger Eigentümer einen aber noch vor seinem Ausscheiden gefassten, ihn weiterhin betreffenden Beschluss anfechten kann. Hier aber erfolgte die angefochtene Beschlussfassung erst nach dem Ausscheiden des Klägers aus der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Die Bedeutung des Abrechnungsbeschlusses ist es, die Abrechnungsspitze für das abgerechnete Wirtschaftsjahr festzustellen. Deshalb beschränkt sich die Beschlusswirkung darauf, dass entweder wegen tatsächlich entstandener Kosten, die geringer sind als die im Wirtschaftsplan kalkulierten, als Abrechnungsspitze ein Guthaben ausgewiesen wird, welches allerdings nur dann zu einem Zahlungsanspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft führt, wenn tatsächlich auch sämtliche beschlossenen Vorauszahlungen aus dem Wirtschaftsplan bezahlt sind. Oder aber es entsteht als Abrechnungsspitze eine Nachforderung, wenn tatsächlich entstandenen Kosten noch höher sind, als die im Wirtschaftsplan kalkulierten.

Soweit der Kläger nun argumentiert, das Guthaben aus einer Abrechnungsspitze könne denknotwendigerweise nur durch eine Überzahlung mit Vorauszahlungen des vom Wirtschaftsplan betroffenen (alten) Eigentümers entstanden sein, trifft dies zu. Gleichwohl gebührt die Abrechnungsspitze nicht dem aus der Gemeinschaft ausgeschiedenen Kläger, sondern dessen Rechtsnachfolger. Im Verhältnis zwischen der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft und einzelnen Eigentümern kommt es nämlich immer auf die Eigentumsstellung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung an.

Das Gericht verkennt nicht, dass regelmäßig in Erwerbsverträgen schuldrechtlich nicht auf den wohnungseigentumsrechtlich relevanten Zeitpunkt der Grundbuchumschreibung abgestellt wird, sondern ein wirtschaftlicher Übergang mit dem Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung vereinbart wird. Hierin aber liegt eine rein schuldrechtliche Abweichung von der Gesetzeslage, welche dann von den Parteien des Erwerbsvertrages auch auf die wohnungseigentumsrechtlichen Besonderheiten erstreckt werden muss. Es liegt deshalb am Kläger selbst, insoweit für ihn zielführende Vereinbarungen im Erwerbsvertrag mit seinem Rechtsnachfolger auszuhandeln. Gerade in diesem Erwerbsvertrag kann der Kläger absichern, dass gegebenenfalls im Innenverhältnis zum Kläger sein Rechtsnachfolger zur Führung eines Anfechtungsklageverfahrens verpflichtet sein kann, um den Kläger bei möglichen Schadensersatzforderungen gegen den Verwalter zu unterstützen.

Richtig ist zwar, dass der Kläger als ehemaliger Eigentümer trotz seines Eigentumsverlustes verpflichtet ist, die bis dann fällig gewordenen Wohngeldvorauszahlungen aus einem beschlossenen Wirtschaftsplan zu zahlen. Wenn sich im Abrechnungsbeschluss herausstellt, dass die tatsächlich entstandenen Kosten geringer sind, als die im Wirtschaftsplan kalkulierten, deckelt die Abrechnungsspitze die vom Kläger geschuldeten Vorauszahlungen. Dies aber bedeutet nicht, dass der Kläger in rechtlich relevanter Weise vom Abrechnungsbeschluss betroffen und deshalb zu dessen Anfechtung berechtigt ist. Denn die Vorauszahlungen waren vom Kläger lange vor der Fassung des Abrechnungsbeschlusses, nämlich im Wirtschaftsjahr selbst zu leisten gewesen, soweit der Kläger damals noch Eigentümer seiner Sondereigentumseinheiten war. Die Deckelung der Vorauszahlungsforderungen durch ein Abrechnungsguthaben wirkt sich deshalb nur aus, wenn ein später aus der Gemeinschaft ausgeschiedener Wohnungseigentümer die zum Zeitpunkt seiner Eigentümerstellung bereits fälligen Wohngelder nicht bezahlt hatte, und diese Wohngelder bis zum Zeitpunkt des Abrechnungsbeschlusses offengeblieben sind. Dann aber sind Wohngelder trotz eingetretener Fälligkeit über mehrere Monate hinweg gleichwohl nicht bezahlt worden. In einer solchen Situation ist ein derart säumiger Wohnungseigentümer nicht schutzwürdig, dennoch weiter selbst den Abrechnungsbeschluss anfechten zu dürfen. Die Relevanz eines Guthabens als Abrechnungsspitze für ihn folgt nämlich alleine daraus, dass er sich als später ausgeschiedener Wohnungseigentümer durch die unterbliebene Zahlung fälliger Wohngeldforderungen zuvor rechtswidrig verhalten hat.

Der Kläger kann seine Anfechtungsbefugnis auch nicht damit begründen, dass ihm ohne die Anfechtung die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Verwalter wegen der fehlerhaften Aufstellung einer Abrechnung versagt wäre. Vielmehr ist der Kläger aufgrund der soeben dargelegten, rechtlichen Grundlagen selbst gerade nicht an den Abrechnungsbeschluss gebunden.

Allerdings ist er von diesem auch nicht unmittelbar betroffen. Seine Betroffenheit ergibt sich nämlich lediglich aus den schuldrechtlichen Vereinbarungen des Klägers als Veräußerer mit seinem Erwerber. Deshalb obliegt es auch bezüglich möglicher Schadensersatzansprüche gegen einen Verwalter dem Veräußerer einer Wohnungseigentumseinheit, bei der Vereinbarung eines wirtschaftlichen Übergangs abweichend von der Grundbuchumschreibung entsprechende Folgeregelungen mit dem Erwerber zu vereinbaren. Derartige Vereinbarungen betreffen aber nur die Parteien des Erwerbsvertrages. Der Kläger kann sich in diesem Erwerbsvertrag nicht zulasten der übrigen Wohnungseigentümer, welche an diesem Erwerbsvertrag überhaupt nicht beteiligt sind, die Befugnis zu einer Klage in gewillkürter Prozessstandschaft gewähren lassen. Vielmehr steht es ihm nur offen, mit dem Erwerber zu vereinbaren, dass unter bestimmten Voraussetzungen dieser zu einer eigenen Anfechtungsklage verpflichtet ist.

Soweit in den vorgelegten Abrechnungen noch der Kläger selbst als Adressat Genannt ist, ist dies unschädlich. Tatsächlich sind nach ständiger Rechtsprechung Jahresabrechnungen objektbezogen auszulegen. Bei der Nennung eines Voreigentümers als von einer Abrechnung Betroffenen handelt es sich deshalb nur um eine unschädliche Falschbezeichnung. Tatsächlich betroffen von der Abrechnung, an sie gebunden und gegebenenfalls bezüglich dieser zur Anfechtung Befugt, ist der tatsächliche Eigentümer zum Zeitpunkt der Beschlussfassung.

Auf die inhaltlichen Angriffe des Klägers gegen die angefochtenen Beschlüsse kommt es deshalb nicht an. Sollte tatsächlich nur der Kläger und nicht etwa auch der Erwerber zur streitgegenständlichen Eigentümerversammlung eingeladen worden sein, ist gegebenenfalls dieser in seinen Rechten verletzt und hätte deshalb eine Anfechtungsklage führen können. Solches aber hat er nicht getan.“ 

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