Artikel

Zur gesundheitlichen Eignung bei Polizeibewerbern mit Nierenstein.

Zur gesundheitlichen Eignung bei Polizeibewerbern mit Nierenstein.

Das Verwaltungsgericht Aachen gibt der Klage des Polizeibewerbers statt. (1 K 1914/23)

Das VG Aachen hatte sich in einem aktuellen Urteil (1 K 1914/23) mit den Anforderungen an die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers für den gehobenen Polizeivollzugsdienst (vertreten durch Rechtsanwalt Michael Janßen) auseinanderzusetzen, der wegen eines in der Vergangenheit aufgetretenen Nierensteins (Urolithiasis) vom Auswahlverfahren ausgeschlossen worden war. Das Gericht setzte sich dabei ausführlich mit den Maßstäben der PDV 300 und der Bedeutung individueller Befundfeststellung sowie der Beweislastverteilung im beamtenrechtlichen Auswahlverfahren auseinander

Der 1990 geborene Kläger bewarb sich 2023 bei der Polizei NRW und gab dabei an, 2017 einen Nierenstein gehabt zu haben, der damals fachärztlich behandelt wurde. Seitdem traten keine Beschwerden mehr auf. Nachdem sowohl eine erste Bewerbung 2023 als auch die erneute Bewerbung 2025 unter Hinweis auf angebliche Polizeidienstuntauglichkeit wegen Urolithiasis abgelehnt wurden, legte der Kläger ärztliche Atteste vor, mit denen eine akute Erkrankung und ein Rezidivrisiko bestritten wurden.

Das Gericht gab der Klage des Polizeibewerbers, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Janßen, statt. Nach umfassender Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und der PDV 300 hielt das VG fest, dass das bloße Vorliegen eines einzelnen Nierensteinereignisses grundsätzlich nicht ohne individuelle medizinische Bewertung zur Ablehnung als polizeidienstuntauglich führen dürfe.

Das Gericht betonte den grundrechtsgleichen Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG auf beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und stellte heraus, dass gesundheitliche Eignung erst dann verneint werden dürfe, wenn tatsächliche Anhaltspunkte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der Altersgrenze eine Dienstunfähigkeit prognostizieren lassen. Die Beweislast hierfür liege – bei Nachweis aktueller Gesundheit – beim Dienstherrn.

Die PDV 300 und ihre Anlage 1.1 („chronische oder rezidivierende klinisch relevante Krankheiten“) seien keine Ausschlussnormen, sondern bedürften stets der Einzelfallbewertung auf medizinisch gesicherter Tatsachengrundlage. Das Verwaltungsgericht kritisierte ausdrücklich, dass die ablehnende Entscheidung des Polizeiarztes lediglich auf generelle Risikowerte und Leitlinien abgestellt und die individuelle Situation des Klägers – insbesondere die seit sieben Jahren bestehende Beschwerdefreiheit – nicht einbezogen habe.

Da beim Kläger weder Risikofaktoren vorlägen noch die Art des Steins ermittelt worden sei, könne das eventuelle (statistische) Risiko nicht zulasten des Klägers gehen. Unaufklärbares Rezidivrisiko gehe, wie das Gericht ausführte, in der Prognose zulasten des Dienstherrn.

Das VG setzte sich ausdrücklich von einer restriktiveren Spruchpraxis des OVG NRW ab, wonach bereits eine einmalige Urolithiasis zur Annahme von Dienstunfähigkeit führen könne, und betonte, dass ein übersteigerter Maßstab für die gesundheitliche Eignung ohne gesetzgeberische Grundlage unzulässig sei.

Das Urteil stärkt die Rechte von Polizeibewerbern mit in der Vergangenheit aufgetretenen, aber folgenlos ausgeheilten Erkrankungen der Harnwege, indem es hohe Anforderungen an die Prognose einer künftigen Dienstunfähigkeit stellt. Pauschale Verweise auf allgemeine Erkrankungsrisiken bzw. statistische Rezidivraten genügen nicht – es bedarf einer einzelfallbezogenen medizinischen Würdigung. Die Entscheidung steht exemplarisch für eine steigende Bedeutung der individuellen Leistungsbeurteilung gegenüber pauschalen Ausschlusskriterien im beamtenrechtlichen Auswahlverfahren.

Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

Herr Rechtsanwalt Janßen berät und vertritt Sie kompetent zu Fragen der Zulassung zum Polizeidienst.

Sidebar Menu

Ihr Browser ist veraltet!

Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser, um diese Website korrekt darzustellen. Den Browser jetzt aktualisieren

×