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Anspruch auf BAföG auch bei unverschuldeten Fehlzeiten

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seiner Entscheidung vom 1.12.2016 zum Aktenzeichen 5 K 122/15 zu Gunsten des durch Herrn Rechtsanwalt Michael Janßen vertretenen Studierenden entschieden und gab der Klage auf Zahlung von BAföG statt.

Die beklagte Behörde wurde unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides verpflichtet, dem Kläger für die Zeit von August 2014 bis Januar 2015 Ausbildungsförderung in Höhe von 470 € monatlich zu gewähren.

In sein Entscheidungsgründen stellte das Verwaltungsgericht dar, dass nach § 9 Abs. 1 BAföG die Ausbildung gefördert wird, wenn die Leistungen des Auszubildenden erwarten lassen, dass er das angestrebte Ausbildungsziel erreicht. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BAföG wird dies in der Regel angenommen, solange der Auszubildende die Ausbildungsstätte „besucht“.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer des Verwaltungsgericht Aachen folgt, reicht es für den Besuch einer Ausbildungsstätte nicht allein aus, dass der Auszubildende ihr organisationsrechtlich angehört. Erforderlich ist zusätzlich, dass der Auszubildende die Ausbildung an der Ausbildungsstätte tatsächlich betreibt. Dazu gehört die regelmäßige Teilnahme an den Lehrveranstaltungen. Dass der Auszubildende die Ausbildungsstätte in diesem Sinne besucht, kann allerdings nicht bereits dann verneint werden, wenn er für kürzere Zeitabschnitte nicht an den Lehrveranstaltungen teilnimmt. Erst wenn die Fehlzeiten ein solches Ausmaß annehmen, dass die Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, der Auszubildende habe die Ausbildung beendet, weil er das Ziel des förderungsfähigen Ausbildungsabschnitts endgültig nicht mehr anstrebe, kann von dem Besuch der Ausbildungsstätte nicht mehr die Rede sein. Hinzu kommen muss, dass die Fehlzeiten von dem Auszubildenden zu vertreten sind.

Dementsprechend ist in Ziffer 9.2.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Bundesausbildungsförderungsgesetz bestimmt, dass von einer Eignung in der Regel nicht mehr ausgegangen werden kann, wenn Auszubildende der in § 2 Abs. 1 Nr. 1-4 BAföG bezeichneten Ausbildungsstätten dem Unterricht mehr als 30 % der Unterrichtszeit des Schulhalbjahres unentschuldigt fern bleiben. Das ist im Falle des Klägers jedoch nicht anzunehmen.

Der Kläger, der an dem Unterricht des fünften Semesters des Abendgymnasiums insgesamt zwar mehr als 50 % des Unterrichts versäumt hat, hatte diese Fehlzeiten aber nicht zu vertreten.

Der Auszubildende hat die Fehlzeiten einer Ausbildung bzw. die Unterbrechung einer Ausbildung nur zu vertreten, wenn diese ihm subjektiv vorwerfen war sind oder es ihm zuzumuten war, die Unterbrechung/Fehlzeiten zu verhindern.

Die damit für die Entscheidung wesentliche persönliche Situation lässt sich nur dann zutreffend beurteilen, wenn der subjektive Anlass für die Fehlzeiten entscheidungserheblich berücksichtigt wird. Das ist im Fall des Klägers dessen Nichtzulassung zum Besuch des Abendgymnasiums durch das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Köln rechtswidrig verursacht wurde, eben nicht der Fall.

Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dieser Umstand dem Kläger subjektiv vorwerfbar wäre. Im Gegenteil ergibt sich aus dem am 19.5.2015 in dem Verfahren 9 K 12410/14 geschlossenen Vergleich, dass der Kläger zu Unrecht nicht zu dem fünften Semester des Abendgymnasiums zugelassen worden ist. In diesem Vergleich hat die Bezirksregierung Köln die angefochtenen Bescheide aufgehoben, dem Kläger die begehrte Ausnahmegenehmigung für den Besuch des fünften und sechsten Semesters des Abendgymnasiums erteilt und sich zugleich verpflichtet, dem Kläger ein reguläres Zeugnis ohne Abschlusseigenschaft zu erteilen sowie zugesichert, die Zeiten des Wiederholungssemesters nicht auf die Verweildauer des Klägers am Abendgymnasium anzurechnen. Durch diese Regelungen ist der Kläger nicht nur klaglos gestellt, sondern so gestellt worden, als wäre er nahtlos von dem Vierten in das fünfte Semester des Abendgymnasiums gewechselt. Dies bedeutet zugleich, dass der Kläger Anspruch auf Zulassung zum Unterricht des fünften Semesters des Abendgymnasiums hatte und von diesem zu Unrecht ausgeschlossen worden ist.

Der Kläger hatte auch nicht die Möglichkeit, weitergehende Fehlzeiten zu verhindern. Er hat im Rahmen von zwei Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes seine Zulassung zum Besuch des fünften Semesters des Abendgymnasiums begehrt und damit alle ihm zumutbaren Mittel ausgeschöpft, zu dem Besuch der Ausbildungsstätte zugelassen zu werden.

Gerne beraten und vertreten wir auch Sie in ihrer BAföG Angelegenheit. Bitte beachten Sie, dass grundsätzlich binnen eines Monats nach Erhalt des BAföG Bescheides Rechtsmittel eingelegt werden muss.

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