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Gerichtliche Ersetzung der Einwilligung in Einbenennung des Kindes

Das Oberlandesgericht Köln hat sich in einer Entscheidung vom 25.2.2020 zum Az. II-10 WF 31/19 zu den Voraussetzungen einer Einbenennung der bisherigen Rechtsprechung des BGH angeschlossen. Das OLG Köln widerspricht damit der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt in dessen Entscheidung vom 18.12.2019 zum Az. 1 UF 140/19, dessen Revision aktuell noch beim BGH anhängig ist.

Konkret geht es um die Frage welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die fehlende Zustimmung eines Elternteils bei getrennt lebenden, nicht miteinander verheirateten oder geschiedenen Eltern zur Änderung des Geburtsnamens des Kindes in den (neuen) Nachnamen des anderen Elternteils durch das Gericht ersetzt werden kann.

Das Oberlandesgericht Köln hat in seiner Entscheidung zu dem familiengerichtlichen Verfahren, in dem die antragstellende Partei erfolgreich von unserer Rechtsanwaltskanzlei vertreten wurde, unter anderem folgendes zu den Entscheidungsgründen ausgeführt:

„Gemäß § 1618 Satz 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die nach § 1618 Satz 1 BGB beabsichtigte Einbenennung  ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Danach reicht es allerdings nicht aus, dass die Namensänderung bloß zweckmäßig ist oder dass es Gründe gibt, die für eine Einbenennung in die neue Familie sprechen. Vielmehr kommt die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes regelmäßig nur dann in Betracht , wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist.

Das ist der Fall, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kinddarstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf die Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde. Dabei setzt eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung eine umfassende Abwägung der – grundsätzlich gleichrangigen – Kindes- und Elterninteressen voraus (BGH, Beschluss vom 10. März 2005 – XII ZB 153/03; Beschluss vom 09. Januar 2002 – XII ZB 166/99; Beschluss vom 24.10.2001 – XII ZB 88/99; Beschluss vom 9.11.2016 – XII ZB 298/15).

Im Rahmen der gebotenen Abwägung ist zu beachten, dass – auch wenn die Integration in die Stieffamilie für das Kindeswohl von großer Bedeutung ist – die Kontinuität der Namensführung auch ein wichtiger Kindesbelang ist, dessen Bedeutung – der Name eines Menschen ist Ausdruck seiner Identität sowie Individualität und begleitet die Lebensgeschichte seines Trägers, die unter dem Namen als zusammenhängende erkennbar wird (BVerfG, Urteil vom 30. Januar 2002 – 1 BvL 23/96)-, die unwandelbare Herkunft bezeichnet, weit über das Kindesalter hinausreicht und daher nicht allein aus der Perspektive der aktuellen wandelbaren familiären Situation beurteilt werden darf. Ebenso ist es für das Wohl des Kindes wichtig, dass seine Beziehung zu dem nicht sorgeberechtigten Elternteil aufrecht erhalten wird, auch und insbesondere dann, wenn der Kontakt zu diesem weitgehend abgebrochen ist (BGH, Beschluss vom 24.10.2001).

Stellt sich die Situation für das Kind indes als außerordentliche Belastung dar, die weit über das hinausgeht, was typischerweise die Situation eines Kindes aus einer geschiedenen Ehe kennzeichnet, und ist die Trennung des Namensbandes aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig, ist eine Einbenennung unerlässlich (BGH, Beschluss vom 10. März 2005 – XII ZB 153/03).

Soweit das OLG Frankfurt in seiner (...) Entscheidung vom 18.12.2019 – 1 UF 140/19 – eine außerordentliche Belastung des Kindes ausreichen lässt, um die Zustimmung des nichtsorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung zu ersetzen, folgt aus der in Bezug genommenen Entscheidung des BGH, Beschluss vom 9.11.2016 – XII ZB 298/15 ein solcher niedrigschwelliger Eingriffsmaßstab nicht.“

Das OLG Köln hat weiter ausgeführt, dass die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung zu einer sogenannten additiven Einbenennung durch Voranstellung des Ehenamens des sorgeberechtigten Elternteils (§ 1618 Satz 2 BGB) als milderer Eingriff in das Elternrecht nicht an diesem hohen Eingriffsmaßstab zu messen ist und die Ersetzung der Zustimmung zu einer additiven Einbenennung stattgebend entschieden.

Nach Ansicht des im Verfahren beteiligten Rechtsanwalt Michael Janßen überzeugt der bisherige enge Eingriffsmaßstab des BGH, den das OLG Köln wie im übrigen jüngst auch das OLG Hamm in seiner Entscheidung vom 28.04.2020 – 2 WF 14/20 bestätigen, nicht. Dieser enge Maßstab ist weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen und ist in vielen Fällen dem Kindeswohl erheblich abträglich. Auch gibt es heutzutage viele andere Möglichkeiten in denen der Namensträger eine Namensänderung „einfach“ herbeiführen kann wie Heirat, Scheidung, erneute Heirat etc.. Auch eine öffentlich-rechtliche Namensänderung verlangt als Voraussetzung nur die Beseitigung von „Unzuträglichkeiten“. So der BGH und auch das OLG Köln und das OLG Hamm auf das das Kindesalter weit überdauernde Namensband abstellen, vermag dies daher nicht zu überzeugen.

Vielmehr überzeugen die Ausführungen des OLG Frankfurt nach denen die Ersetzung der Einwilligung in die Namensänderung keine Kindeswohlgefährdung voraussetzt, sondern die niedrigere Schwelle der Erforderlichkeit zum Wohl des Kindes genügt. Das OLG Frankfurt begründet seine Ansicht daher auch mit dem klaren Wortlaut des Gesetzes und weist zurecht darauf hin, dass der Gesetzgeber deutlich zwischen den verschiedenen Kindeswohl Maßstäben („dient“, „nicht widerspricht“, „am besten entspricht“, „erforderlich“, „gefährdet“) unterscheidet. Nach Auffassung des OLG Frankfurt, der sich Rechtsanwalt Janßen anschließt, bedarf es „lediglich“ außerordentlicher Belastungen des Kindes durch die Fortführung des Geburtsnamens. Diese sind (auch) dann gegeben, wenn die Namensänderung für das Kind solche Vorteile mit sich bringt, dass die Aufrechterhaltung des Namensbandes zum anderen Elternteil nicht zumutbar erscheint.

Gerne beraten wir Sie zu Fragen der komplexen Thematik der Namensänderung und Einbenennung.

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